Marmor, Stein und Schaltgestänge bricht (Bruch 1)
Schalten und walten, mit oder ohne Zwischengas, mit oder ohne akustische Signale an die Welt, denn Schalten ist bekanntlich kein Geheimnis! Die Wahl des richtigen Ganges ist in den allermeisten Oldtimerfällen gar kein Problem und auf den Touren ist das Schalten meist ein purer Quell der Freude für den Fahrer. Meistens. Aber nicht, wenn die Verbindung zwischen Schalthebel im Cockpit und dem Getriebe mechanisch unterbrochen wird. Dann ist nichts mehr mit schalten und walten. Dann geht’s normalerweise in die Werkstatt. Oder man ist mit Udo und Kumpanen unterwegs, dann konnte man sich auch schon mal den Jahresbeitrag für die Gelben Engel sparen. Aufregend war’s dabei doch immer. Marmor, Stein und Schaltgestänge bricht, aber unsere Liebe zum Oldie nicht.

Sieben Kilometer vor dem Hotel gibt’s keine Gänge mehr
Fast liegt eine wunderbare Woche mit unseren Oldtimern am Dachsteingebirge in der Steiermark hinter uns. Fast alle Teilnehmer erreichen ohne Probleme nach der abschließenden Tagestour unser Quartier, das Hotel Schloss Thannegg in der Nähe von Gröbming. Ja, Gröbming, wo die Ennstal Klassik zuhause ist. Ja, im Hotel SchlossThannegg wurde eine der berühmtesten Oldtimer-Rallyes Österreichs ins Leben gerufen. Aber das sind alles andere Geschichten, die euch ‚Hausmeister‘ Ernst dort viel besser erzählen kann. Ja, und dort gibt es auch eine Morgan-Street.

Zurück zu unserer Tour. Alle bis auf ein Team sind wieder im Hotel. Da klingelt das Telefon. „Wir stehen rund sieben Kilometer vor dem Hotel und kriegen keinen Gang mehr rein“, schallt es aus dem Hörer. Sch…, bisher lief alles glatt und jetzt das ganz kurz vor Ende der Reise. Aber alles Fluchen hilft nichts. Wir schleppen den Havaristen rein, das ist noch der einfache Teil der Übung. Jetzt wird es spannend. Denn die Gäste, ganz liebe Stammgäste, sind auf Achse angereist – im Porsche 914. Ja, der Volks-Porsche, einer der Oldtimer, die es dem Mechaniker bei Wartung und Reparatur nicht wirklich leicht machen.

Senior Harald weiß Rat
Okay, schauen wir mal, ob wir da noch was machen können. Service-Mann Bernd rührt mit dem Schaltheben, ich schaue hinten unter dem Auto, ob sich an der Schaltstange was tut. Nix zu sehen. Dann betritt Senior Harald die Szenerie in der Morgan-Street. „Da gibt es eine Klappe durch die ihr an das Schaltgestänge kommt“, informiert der ehemalige Betreiber einer freien Porsche-Werkstatt. Wir sehen nichts. Also bauen wir den kompletten Autoteppich samt Untergrund aus. Liest sich einfach, ist es aber nicht. Als die Übung gelungen ist, sehen wir die ovale Klappe, die mit zwei Schrauben gesichert ist. Bernd hat die Klappe schnell geöffnet. Und da sehen wir auch das Ungemach direkt vor uns. Bruch des Schaltgestänges. Nicht zum ersten Mal – hier wurde schon mal geschweißt.

Ich hatte schon immer viel Material für Notfall-Reparaturen unterwegs im Service-Wagen, aber kein Schweißgerät. Und nun? Doch die Gelben Engel anrufen? Halt! In einem Teil des historischen Schlosses ist die Freiwillige Feuerwehr Moosheim zuhause. Vielleicht haben die ein Schweißgerät im Fundus. Das wird sicher ‚Hausmeister‘ Ernst wissen. Und wie Ernst wusste!
Das Schweißgerät von der Freiwilligen Feuerwehr
Kaum gefragt, verschwand er auch schon und war auf der Suche nach dem Schweißapparat. Irgendwann, Bernd und ich hatten bei einem erfrischenden Bier aus der Schlossküche die Hoffnung schon fast aufgegeben, stürmte Ernst mit Elektro-Schweißgerät, einer Elektrode, Schutzvisier und Feuerlöscher auf uns zu und wollte unverzüglich losbruzzeln. Doch da schaltete sich glücklicherweise Profi Harald noch einmal ein: „Passt auf, nicht einfach zusammenschweißen. Da gibt es eine Markierung, die müsst ihr beachten, sonst kriegt ihr nach dem Schweißen gar keinen Gang mehr rein.“ Danke Harald, das war guter Rat zur rechten Zeit.

Wir finden die schon recht abgenutzte Markierung und Ernst setzt professionell die nötigen Schweißpunkte. Jetzt gibt es nochmal eine zusätzliche Portion Adrenalin. Lassen sich die Gänge einlegen. Test. Yeah, alles funktioniert. Herausforderung gemeistert und die lieben Gäste können morgen wie geplant auf Achse heimfahren. Jetzt noch alles einigermaßen ordentlich zurückgebaut, denn die Sonne ist schon lange untergegangen. Nach rund fünf Stunden ist der Porsche wie neu, Ernst, Bernd und ich fix und fertig. Aber, wir waren die Helden des Abschiedsabend – aber leider ohne Dinner. Man kann halt nicht alles haben.