Bitte einmal Alabasterküste: Meine Tagestour zwischen Klippen und Meer
Die Alabasterküste in der Normandie gehört zu den beeindruckenden Küstenlandschaften Europas. Ihre weißen Kreidefelsen, die steil in den Ärmelkanal abfallen, bilden eine passende Kulisse für eine Oldtimer-Ausfahrt. Ich habe für euch eine Tagestour zusammengestellt, die von Saint-Jouin-Bruneval bis nach Dieppe führt – für alle, die französischen Charme, Natur und historische Orte in gemächlichem Tempo erleben möchten.
Auf den Spuren der Geschichte
Beginnen wir den Tag in Saint-Jouin-Bruneval, einem kleinen Küstendorf mit geschichtsträchtiger Vergangenheit. Während der Motor meines Oldtimers auf Betriebstemperatur kommt, besuche ich kurz das Mémorial de Bruneval. Das Freilichtmuseum erinnert an die Operation Biting des Zweiten Weltkriegs und bietet gleichzeitig einen ersten Blick auf die Küstenlinie, die uns den ganzen Tag begleiten wird.

Kurz vor dem Denkmal biege ich schon links zum Ölhafen Antifer und zum Strand von Saint-Jouin-Bruneval ab. Es gilt zwar Tempo 30, aber die gut ausgebauten Serpentinen machen trotzdem Spaß. Solch eine Kombination von steilen Felsen, einer bezaubernden Bucht mit Kieselstrand und touristischer Infrastruktur auf der einen und einem modernen Ölhafen für Supertanker auf der anderen Seite gibt es halt auch nur in Frankreich. Die 3,5 Kilometer lange Mole und die riesigen Tanks bilden einen „interessanten“ Kontrast zur sonst unberührten Küstenlandschaft. Mein nächster Stopp am Cap-d’Antifer eignet sich gut für Fotos: Hier kommt euer Klassischer vor einer Kulisse aus blauem Meer und weißen Klippen richtig zur Geltung.

Étretat – Das Juwel der Alabasterküste
Nach einer kurvenreichen Fahrt erreichen wir zügig den bekannten Ort Étretat. Die Felsbögen Porte d’Aval und Manneporte haben schon viele Künstler inspiriert, allen voran Claude Monet. Ich parke gerne am Bahnhof, weil von dort der Aufstieg zum Garten von Étretat, der Kapelle Notre Dame de la Garde und dem 24 Meter hohen Denkmal für die Flugpioniere Charles Nungesser und Francois Coli meinen nur noch halb so beschwerlich ist. Parken kostet allerdings mindestens 7,50 Euro für mindestens fünf Stunden. Drunter geht’s hier nicht. Das ist allerdings auch genügend Zeit für einen Spaziergang zum Aussichtspunkt Falaise d‘Amont – der Ausblick ist beeindruckend.


„Étretat verkörpert die typische Alabasterküste – dramatisch, majestätisch und von einer zeitlosen Eleganz, die gut mit dem Charakter klassischer Automobile harmoniert,“ hat mir noch Jean Duval erklärt, ein Organisator historischer Rallyes in der Normandie. Nach dem Naturschauspiel gönne ich mir eine Stärkung in einem der Cafés im Ortskern, umgeben von Belle-Époque-Villen, bevor ich meine Tour weiter in Richtung Norden fortsetze.
Vom Fischerdorf zur kaiserlichen Residenz

Die kurvige Küstenstraße bringt mich zum Weiler Vaucottes-sur-Mer. Wer einmal ganz für sich und ohne viel Trubel die weißen Klippen der Alabasterküste auf sich wirken lassen möchte, ist hier genau richtig.




Schon der kleine Parkplatz an der ‚Route de la Plage‘ verrät, dass auch die Franzosen diese kleine Perle noch nicht entdeckt haben. Vom Parkplatz sind es vielleicht 250 Meter vorbei an wunderbaren, alten Fachwerkhäusern bis zur kleinen Bucht. Kein Café, kein sonst in der Normandie obligatorisches Casino, einfach nur Meer, das Rauschen der Wellen, die steilen Klippen, der Strand und du. Tief durchatmen und genießen!
Die Strecke führt mich weiter über Yport, ein ehemaliges Fischerdorf mit charakteristischen Häusern aus Feuerstein und blau-weißen Badehütten am Strand. Die Promenade am Strand (großer Parkplatz direkt am Casino) lädt zum Bummeln ein. Hübsche Restaurants und Cafés runden die pittoreske Szenerie ab.



Nun ist es nur noch einen Katzensprung bis in die Hafenstadt Fécamp, wo neben dem Palais Bénédictine auch das Fischereimuseum „Les Pêcheries“ einen Besuch wert ist. Von seiner Dachterrasse aus genieße ich einen guten Blick über Stadt, Meer und Klippen. Wand an Wand schließt sich das moderne und etwas schräge, aber sehr empfehlenswerte Restaurant ‚La Boucane“ an. Auf der großen Straßenterrasse freue ich mich Mittagszeit auf einen Emailekessel mit „Moules Frites“ und Roquefortkäse. Köstlich!



Frisch gestärkt erreiche ich bei meiner Fahrt durch den mittleren Küstenabschnitt Sassetot-le-Mauconduit – ein kleiner Ort mit unerwarteter kaiserlicher Verbindung. Hier verbrachte die österreichische Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als Sissi, im Sommer 1875 zwei erholsame Monate. Das Château de Sissi, heute ein Hotel, lädt zu einer Kaffeepause ein. „Die Geschichte von Sissis Aufenthalt gibt dieser Etappe eine besondere Note,“ erzählte mir die lokale Historikerin und Gästeführerin Marie Lefevre. „Während sie mit ihrer Tochter und einem 70-köpfigen Hofstaat residierte, unternahm sie regelmäßige Ausritte zu den nahen Stränden von Les Petites und Les Grandes Dalles – denselben Wegen, auf denen ich heute mit Besuchern unterwegs bin.“

Durch ein schönes Dorf zum Ziel
Der letzte Abschnitt meiner Tour führt durch Veules-les-Roses, offiziell eines der „schönsten Dörfer Frankreichs“. Der kleine Ort am kürzesten Fluss des Landes (die Veules ist gerade einmal 1,149 km lang) gefällt mir mit seinen Wassermühlen, Fachwerkhäusern und Rosengärten.

Über die Küstenorte Saint-Aubin-sur-Mer und Quiberville-sur-Mer, wo ein von den Klippen gestürzter Bunker als Zeuge der Kriegsgeschichte im Sand liegt, nähere ich mich schließlich meinem Ziel. Nach einem letzten Fotostopp in Pourville-sur-Mer, wo Claude Monet einige seiner Werke schuf, erreiche ich den Hafen von Dieppe.
Ausklang in Dieppe
Dieppe, ein alter Badeort Frankreichs, empfängt mich mit maritimem Flair und historischem Charme. Nach der Ankunft parke ich meinen Oldtimer am Hafen. Die Stadt bietet nicht nur gute Meeresfrüchte, sondern auch einen Bezug zur Automobilgeschichte: Hier gründete Jean Rédélé 1955 die Sportwagenmarke Alpine, deren Werk noch heute in Betrieb ist.

Für Autoliebhaber ist Dieppe vergleichbar mit Molsheim im Elsass. In der Normandie sind es die Alpine Sport- und Rennwagen, im Elsass ist es der Mythos Bugatti – und in beiden Orten werden noch heute Traumautos gebaut. Die französische Automobilgeschichte ist in beiden Regionen lebendig.
Praktische Tipps für diese Oldtimer-Tour
Die rund 130 Kilometer lange Route lässt sich gut an einem Tag bewältigen, wenn man früh startet. Ich plane etwa 8-10 Stunden ein, inklusive aller Stopps und Besichtigungen. Tankstellen finde ich in Fécamp, Saint-Valery-en-Caux und Dieppe.
Die Küste kann recht windig sein, daher packe ich entsprechende Kleidung ein. Für Fotostopps plane ich genügend Zeit ein – zahlreiche Aussichtspunkte und Panoramen bieten einmalige Motive mit und ohne Oldtimer.
Die regionalen Spezialitäten schmecken mir: Frischer Fisch, Schalentiere und die bekannten drei „C“ der Normandie – Camembert, Calvados und Cidre – gehören zu dieser Tour einfach dazu.
Wer nach dieser Tagestour noch mehr von der Normandie erkunden möchte, findet in Dieppe verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten. Von hier aus kann man am nächsten Tag entweder über das Hinterland zurückfahren oder mit der Fähre nach Newhaven in England übersetzen.






Die Alabasterküste mit ihren weißen Klippen, historischen Städtchen und dem besonderen Licht, das schon die Impressionisten faszinierte, ist für mich immer ein besonderes Erlebnis – eine Verbindung aus automobiler Nostalgie und unverwechselbarer Naturschönheit. Bon Voyage!
Und hier geht’s zur Route: https://kurv.gr/8KpJ3