Die Route du Faron – Eine kleine Traumstraße mit großen Panoramen
Es gibt sie, diese Straßen, die in keinem Reiseführer groß beworben werden, aber einmal entdeckt, einen festen Platz im Herzen jedes Oldtimer-Freundes erobern. Die Route du Faron in der südfranzösischen Hafenstadt Toulon ist genauso ein Schatz. Eine rund zwölf Kilometer lange Schleife, die sich spektakulär an den steilen Hängen des Mont Faron entlangschmiegt, vorbei an atemberaubenden Aussichtspunkten, historischen Stätten und versteckten Ecken, die Geschichten zu erzählen scheinen.

Der aussichtsreich gelegene Hausberg Mont Faron der französischen Hafenstadt Toulon ragt 584 Meter hoch über dem Meeresspiegel. Seine „Route du Faron“ ist durchgängig asphaltiert, größtenteils einspurig und kann nur von West nach Ost als Einbahnstraße befahren werden. Das auf der Talseite weitgehend ungesicherte Bergsträßchen steigt an den steilen Karstfelsen über sechs Kehren an. Auf dem Gipfelplateau passiert man die Bergstation der Seilbahn. Hinter dem 551 Meter hohen Scheitelpunkt nahe dem Restaurant „Guinguette du Chat Perdu“ senkt sich die Straße dann vorbei am weiterhin vom Militär genutzten „Fort de la Croix Faron“ und meandriert über dreizehn Kehren durch den Pinienwald hinunter nach Toulon.
Mit meinem Oldtimer, einem Lancia Beta HPE, der wie geschaffen schien für diese Reise, wollte ich auf den Mont Faron und diese unbekannte Traumstraße entdecken – eine Straße, die wie gemacht ist für jene, die das Besondere suchen. Weiße Felsen und Felsterrassen, die von der Sonne angestrahlt werden, tiefe Schluchten und Täler, duftende Heidelandschaften, Eichen- und Kiefernwälder, blühende Ginstersträucher und vielfarbige Blumenfelder, Grillenkonzerte… und das alles unter azurblauem Himmel.

Der Duft von Benzin aus den offenen Ansaugtrichtern der Vergaser mischte sich mit der salzigen Mittelmeerbrise, als ich den Lancia am Boulevard Amiral Vence startete. Die Route du Faron rief – eine Serpentinenstraße, die sich wie ein mutiger Pinselstrich durch die felsige Landschaft des Mont Faron schlängelt. Ich hatte von ihrem Charme gehört: kurvenreiche Einbahnstraßen, atemberaubende Ausblicke und das Gefühl, einen Nervenkitzel zu erleben, der von Geschichten aus vergangenen Zeiten durchdrungen ist.
Die Auffahrt über die Westrampe
Nach wenigen Kilometern passierte ich den Abzweig von der Corniche Emile Fabre und tauchte ein in die erste Etappe der legendären Route du Faron. Der Motor schnurrte zufrieden, als ich die ersten Meter der breiteren Straße in Angriff nahm. Doch die Idylle währte nicht lange: Nach einem kurzen zweispurigen Abschnitt wurde die Strecke schmaler, die Kurven enger und die Steigung intensiver. Spätestens jetzt ist der Oldtimerfreund froh, dass die Route du Faron eine Einbahnstraße ist. Mein Lancia war nun in seinem Element, der röhrende Sound des Motors hallte zwischen den weißen Kalksteinfelsen wider. Auch weil ich mich nicht immer an das geltende Tempo-Limit von 30 km/h hielt.

Die Straße wand sich in engen Kehren den Berg hinauf, und hinter jeder Kurve eröffnete sich eine neue Perspektive. An Kehre fünf legte ich einen Stopp ein – eine willkommene Gelegenheit, den Motor abkühlen zu lassen und mich selbst ebenfalls. Über einige Treppenstufen erreichte ich den Aussichtspunkt „Point Sublime“, wo sich das Panorama über Toulon, die vorgelagerte Halbinsel St. Mandrier und die ausgedehnten Hafenanlagen erstreckt. Die Sonne glitzerte. Mehrere Kriegsschiffe ankerten im Militärhafen und aus den zivilen Hafenbecken zogen die Fähren zur Îles d’Hyères, nach Korsika, Menorca und Mallorca wie Spielzeugboote ihre Bahnen – und ich fühlte mich wie in einem Gemälde.
Der Blick vom Mont Faron – besser als jede Postkarte
Nach einem weiteren Kilometer erreichte ich das Gipfelplateau. Hier schien die Zeit stillzustehen – ein perfekter Ort für meinen HPE, um stolz in der Sonne zu glänzen. Ich parkte neben dem wirklich empfehlenswerten Restaurant Le Panoramique und gönnte mir einen Café au Lait, während ich den Blick über das Mittelmeer schweifen ließ. Die Terrasse war ein lebendiges Theater: Familien, Wanderer und Seilbahn-Touristen genossen das Schauspiel der Natur. Ich konnte mich nicht satt sehen: Dieses Panorama stellt jede Postkarte in den Schatten.
Danach besuchte ich das Musée Mémorial du Débarquement, ein Museum, das die dramatischen Ereignisse der alliierten Landung in der Provence 1944 zum Leben erweckt. Panzer, Dioramen und ein imposantes Geschütz vor dem Eingang erinnerten an eine Zeit, die mit meiner nostalgischen Reise in einem Oldtimer so gar nichts gemein hatte – und doch ein Teil derselben Geschichte war.

Der Abstieg: Ein Kurven-Swing par excellence
Frisch gestärkt und voller Eindrücke machte ich mich auf zur Ostrampe. Jetzt wurde die Route du Faron endgültig zum „Kurvenswing par excellence“. Die Talfahrt führte durch dreizehn Kehren, jede einzelne ein kleiner Tanz zwischen Fahrzeug und Straße. Die Nachmittagssonne tauchte die Landschaft in goldenes Licht, und ich ließ die Fenster herunter, um die frische Pinienluft einzufangen.
Das Highlight der Abfahrt war das Fort de la Croix Faron, das wie ein stummer Wächter über Toulon thronte. Eine kleine Gedenktafel erinnerte an Gabriel Auguste Ferdinand Ducuing, einen Offizier, der hier während des Ersten Weltkriegs diente. Der Geist von Geschichte und Abenteuer lag spürbar in der Luft.
Nach gut vier Kilometern endete die Einbahnregelung, und ich näherte mich langsam wieder der urbanen Zivilisation. Doch der Zauber der Route du Faron blieb. Mein Lancia und ich hatten eine Straße erfahren, die nicht nur eine Verbindung zwischen zwei Punkten war, sondern eine Reise für die Sinne. Es war eine Fahrt, die ich niemals vergessen werde – der Duft der Provence, der Wind in den Haaren und das Gefühl, als Teil dieser ungezähmten Landschaft ein Stück Freiheit erlebt zu haben.

Mit einem letzten Blick in den Rückspiegel ließ ich die Route du Faron hinter mir. Doch in meinem Herzen war sie längst angekommen, ein glanzvolles Kapitel in meinem persönlichen Reisebuch.
Die Alternative mit Vogelperspektive
Doch halt, die Route du Faron ist nicht die einzige Möglichkeit, den Mont Faron zu erobern. Für diejenigen, die lieber eine spektakuläre Vogelperspektive genießen, bietet sich die legendäre Seilbahn als Alternative an. Seit 1959 schwebt die Téléphérique du Mont Faron vom Boulevard Amiral Vence in wenigen Minuten zum Gipfel. In den roten Gondeln, die 2017 modernisiert wurden, überwindet man 378 Höhenmeter mit Hilfe von fünf Stützen und wird mit einem atemberaubenden Blick über die Hafenstadt und das blaue Band des Mittelmeers belohnt. Täglich von 10 Uhr bis 19 Uhr befördert die einzige Seilbahn am Mittelmeer bis zu 90.000 Passagiere pro Jahr. Die Fahrzeit beträgt etwa sechs Minuten. Die Téléphérique du Mont Faron ist ein Erlebnis für sich – und eine reizvolle Wahl für Wanderer, die den Gipfel erklimmen oder einfach entspannt in den Tag starten wollen. Aber nur, wenn der Wind nicht zu sehr pfeift. Dann wird das schwindelerregende Vehikel nicht in Betrieb genommen.

Ob auf der Traumstraße oder in der schwebenden Gondel – der Mont Faron hält für jeden Besucher ein Abenteuer bereit. Und während ich meinen Lancia startete, konnte ich mir das Schmunzeln nicht verkneifen: Egal, wie man diesen Berg erkundet, er hinterlässt unvergessliche Eindrücke.