Feierabend-Runde durch die Rureifel: Kurven, Bergrennstrecke & Hemingway

Manchmal brauche ich nicht viel, um nach einem anstrengenden Tag wieder guter Laune zu sein – ein voller Tank, zwei Stunden Zeit und meine Feierabend-Runde, die mehr mit Gefühl als mit Kilometerzählen zu tun hat. Ich habe Glück, vor meiner Haustüre liegt die bezaubernde Rureifel. Kurvenreiche Straßen, weite Blicke, tiefe Täler und kleine Orte, in denen die Zeit ein bisschen langsamer läuft – das ist genau das, was ich finde, wenn ich im Oldtimer zur Feierabend-Runde aufbreche: Kein Zweifel – durch die Eifel!

Rur-Idylle kurz vor dem steilen Abzweig nach Widdau.

Fahrspaß ohne Hektik
Die Rureifel beginnt für mich irgendwo zwischen Simmerath und Heimbach. Ab da fängt das eigentliche Fahren an: keine Schnellstraßen, kein Durchrauschen, sondern Strecken, die sich über Hügel und durch Täler und Wälder winden. Ich liebe diese Mischung – mal läuft der Wagen ganz entspannt durch offene Kurven, dann wieder geht’s durch enge Kehren und Steigungen – „Sieht fast so aus, wie in Bayern“, meint mein Sportwagen-Kumpel Axel.

Fast wie in Bayern.

Meine Lieblings-Route durchs Rurtal:
Imgenbroich – Hammer – Dedenborn – Rurberg – Woffelsbach – Steckenborn – Schmidt – Vossenack

Wer gerne einmal meine Lieblings-Feierabend-Runde nach fahren möchte, findet hier den Link zur Route https://kurv.gr/uNbrU

Screenshot von Kurviger.de

Die Strecke ist knapp 50 Kilometer lang und gemütlich in 1,5 bis 2 Stunden zu fahren. Am Wochenende stellt euch hier bitte auf ein hohes Fahrrad- und Motorradaufkommen ein. Start ist am Ortsausgang von Imgenbroich. Biegt vor der alten Tankstelle, wo jetzt ein Kebab-Haus logiert, links von der B 258 in die kleine Straße Richtung Hammer ab. Nun geht es erst einmal auf der schmalen Straße bergab hinunter zur Rur, wo wir jetzt für eine ganze Zeitlang dem Flusslauf folgen.

Bitte links abbiegen zur Feierabend-Runde.

Kurz nach dem Ortseingang von Hammer, einem kleinen malerischen Eifeldorf, biegen wir rechts Richtung Dedenborn ab. Immer wieder überqueren wir das Bett der Rur und genießen die sanften Kurven der Straße. Kurz vor dem Abzweig nach Widdau und Rohren, übrigens eine wirklich steile Route Richtung Kalterherberg, lohnt es sich, eine Pause einzulegen. Hier zeigt sich die Rur von ihrer schönsten Seite – und ihr gelangt ganz einfach an das Ufer und die Felsen.

Weiter in Richtung Dedenborn fühle ich mich manchmal wie auf einer kleinen Eifel-Expedition: eine gut ausgebaute Straße, gespickt mit engen und weiten Kurven, und die Rur immer nebendran. Kurz nach dem Ortseingang lädt das „Haus Dedenborn“ – eines der wenigen noch geöffneten Gasthäuser im oberen Rurtal – zur Rast ein. Dedenborn selbst überrascht mit gleich fünf (!) Haarnadelkurven bei der beschwingten Ortsdurchfahrt. Besser geht’s kaum.

Eine von fünf Haarnadelkurven in Dedenborn.

Jetzt haben wir nach wenigen Kilometern mit dem Rursee auch schon Deutschlands zweitgrößte Talsperre erreicht. Wir steuern Rurberg an, wo sich schon deutlich mehr Tourismus spüren lässt. Den legendären und besonders bei Motorradfahrern beliebten „Imbiss am Damm“ erreicht ihr über die Einbahnstraße auf der Staumauer. Wer noch eine Schiffstour machen möchte, geht hier die paar Meter Richtung Obersee und lässt sich gemütlich mit dem Ausflugsboot zur Urftstaumauer schippern.

Doch zurück auf meine Feierabend-Runde: Im Talkessel des Rursees lockt die kurvenreiche Verbindungsstraße von Rurberg nach Woffelsbach. Hier beginnt mit einem scharfen Linksknick die fahrerisch anspruchsvolle Panoramastraße bis zur Ortschaft Steckenborn auf der Höhe. Schnallt euch an, die Kurven hier haben es in sich! Einen Kilometer vor Steckenborn genießt ihr vom langgestreckten Parkplatz eine wunderbare Aussicht auf den Rursee. Übrigens ist diese Straße an Wochenenden und Feiertagen seit Jahren für Motorräder gesperrt.

Die Panoramastraße nach Steckenborn macht ihrem Namen alle Ehre.

Hinter Steckenborn geht es rechts auf die Landstraße Richtung Nideggen, die uns zügig nach Schmidt führt. Wir biegen rechts in das Dorf ein, direkt hinter der Kirche dann links. An der Nideggener Straße findet ihre eine der wenigen Tankstellen, bevor ein Schild den Weg links nach Vossenack anzeigt. 

Auch die Isetta hat Spaß auf meiner Feierabend-Runde.

Historische Bergrennstrecke Schmidt – Vossenack

Gut acht Kilometer vor dem Ziel Vossenack wartet noch ein echtes Highlight auf euch  – nicht nur für die Motorsportfans unter euch. Ich meine die historische Bergrennstrecke nach  Vossenack. Früher wurde dieser Streckenabschnitt für offizielle Bergrennen genutzt, seit einigen Jahren gibt es hier ein Bergrennen für historische Fahrzeuge, das schon wieder viele Fans hat. Nebenbei ist die Trasse Teil einer wunderschönen Verbindung zwischen dem Rursee und dem Hürtgenwald.

Fahrfreude pur.

Von Schmidt geht es erstmal ständig bergab bis zur Sohle des Kalltals. Hinter der Brücke über das Flüsschen markiert eine 90 Grad Kurve den Beginn der Rennstrecke. Hier war früher auch das bunte Fahrerlager. Der Anstieg  hinauf nach Vossenack bietet flüssige Kurven, scharfe Ecken und zum Schluss eine ordentliche Steigung. Kurz, eine Strecke, die sich für sportliche Oldtimer einfach gut anfühlt. Wenn ich dort fahre, habe ich immer das Gefühl, auf den Spuren der Vergangenheit unterwegs zu sein – ohne Renncharakter, aber mit einem feinen Gespür für die Straße.

Hier war früher das Fahrerlager und der Start.

Und hier der Link zur Fahrt auf der historischen Bergrennstrecke https://youtu.be/PTOlizOgZ6c

Oben angekommen, ist meine Feierabend-Runde auch schon zu Ende,  ganz unspektakulär ohne Schwarz-Weiß karierte Zielflagge. Doch historisch wird es ganz in der Nähe noch einmal sehr interessant.

Simonskall – Geschichte mitten im Wald

Ein Ort, der mich immer wieder fasziniert, ist Simonskall. Die schmale Straße dorthin wirkt fast vergessen – flankiert von Wald und begleitet von einem plätschernden Bach. Und plötzlich steht man da, im kleinen Tal, mit ein paar Häusern und einer ganz eigenen Atmosphäre.

Simonskall zählt zur Gemeinde Hürtgenwald, wo gegen Ende des Zweiten Weltkrieges die längsten und verlustreichsten Schlachten auf deutschem Boden stattfanden. Sechs Wanderwege, auf denen ihr den Spuren der Geschichte und der Literatur aus dem Zweiten Weltkrieges folgen könnt, stehen hier zur Auswahl. Denn auch in der Literatur, speziell der Amerikanischen, haben die Kämpfe im Hürtgenwald ihre Spuren hinterlassen. Veteranen wie Ernest Hemingway, Paul Boesch und die Hollywood-Legende Samuel Fuller verarbeiteten ihre schrecklichen Erinnerungen an diese Kriegshölle in Prosa. Der US-Schriftsteller Jerome David Salinger schrieb im Hürtgenwald die ersten Kapitel von „Der Fänger im Roggen“.

Simonskall (Foto: Blueduck4711 / commons wikimedia)

Mit 9,5 Kilometern ist der Hemingway-Trail der längste der sechs Wanderwege. Er führt an den ehemaligen Kriegsschauplätzen vorbei, von denen Ernest Hemingway seit November 1944 als Korrespondent der Amerikaner berichtete. Selbst heute spielt Hemingway in der modernen Eifel-Krimi-Literatur in Simonskall noch eine, wenn zugegeben eher bescheidene Nebenrolle. In Arnold Küsters Kriminalgeschichte „Keine Verbindung“ spielen der Krieg und andere nordamerikanischen Gäste in Simonskall die Hauptrolle. Nach dieser spannenden Lektüre seht ihr den Ort nochmals mit anderen Augen.

Bunker Kallwiesen (Foto: ArthurMcGill / commons wikimedia)

Ein praktischer Hinweis, den ich selbst schon fast vergessen hätte: Tankt, bevor es zu spät ist. Nur am Beginn der Runde gibt es in Imgenbroich Tankstellen oder kurz vor dem Ziel in Schmidt. Ansonsten wird‘s unterwegs schnell dünn mit Tankstellen. Gerade bei spontanen Umwegen sollte der Tank lieber halbvoll als halbleer sein. Schönen Feierabend noch!

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