|

Fahr quer, seh mehr: Rallye-Legenden erobern die Vulkaneifel

Das typische Eifelwetter zeigte auch bei der 13. Ausgabe des ADAC Eifel Rallye Festivals, wer der wahre Herr im Haus ist. Während das traditionelle Gruppenfoto am Donnerstag vor der Veranstaltung noch im Regen stattfand, verwöhnte die Sonne ab der technischen Abnahme bis zur abschließenden Rallye-Party am Samstagabend sowohl das internationale Starterfeld als auch die aus ganz Europa angereisten Fans. Doch Europa war längst nicht das Ende der Welt – das Team James Blakemore und John Buffum war sogar samt Ford Escort MK2 aus Vermont in den USA angereist, während Geoff Mayes aus Kenia den weitesten Weg als Fotograf auf sich genommen hatte.

Weltmeister mit Humor und Herz
Mit Thierry Neuville übernahm erstmals ein amtierender Rallye-Weltmeister die Schirmherrschaft des Festivals. Der Belgier zeigte sich dabei von seiner sympathischsten Seite: „Als Ernst Kopp und Otmar Anschütz mich gefragt haben, ob ich Schirmherr werden wolle, hab ich erstmal gefragt, was so ein Schirmherr tun muss“, erklärte Neuville augenzwinkernd. „Sie haben mir gesagt: Vor Ort sein und Autogramme schreiben. Da hab ich gedacht, das kann ich.“ Doch der Weltmeister ergänzte schnell: „Ich hätte aber auch so sehr gerne zugesagt. Ich mag diese besondere Veranstaltung, bei der ich bereits selbst mitgefahren bin, aber auch als Fan schon dabei war.“

Während Neuville Autogramme schrieb und sich den Fragen der Fans stellte, sorgten seine beiden Brüder Yannik im Toyota Starlet KP60 und Tom Heindrichs im BMW M3 im Vorauswagenfeld mit ihrer beherzten Fahrweise für reichlich gute Laune bei den Zuschauern. Die familiäre Atmosphäre des Festivals spiegelte sich auch in der illustren Gästeliste wider: Neuvilles Weltmeister-Kollegen Stig Blomqvist und Nicky Grist genossen den Aufenthalt in Daun ebenso wie Dakar-Siegerin Jutta Kleinschmidt und eine beeindruckende Riege deutscher Meister.

Ein Who’s Who des Rallye-Sports
Die VIP-Lounge des Festivals glich einem Who’s Who der Rallye-Geschichte. Neben den deutschen Meistern Reinhard Hainbach, Harald Demuth, Kalle Grundel, Ruben Zeltner, Georg Berlandy und Mark Wallenwein gesellten sich internationale Größen wie John Buffum, der vierfache US-Meister, der dänische Histo-Meister Kim Boisen, der fünffache Schweizer Bergmeister Bruno Ianniello und viele weitere Champions dazu. Komplettiert wurde die Runde durch Legenden wie Käfer-Ikone Herbert Grünsteidl, Safari-Legende Mike Kirkland und den zweifachen DRM-2WD-Champion und TV-Star Nicky Schelle.

Jörg Hennig, Vorstand Sport des ADAC Mittelrhein, zeigte sich bei seinem Besuch begeistert: „Das ist eine wirklich außergewöhnliche und sehr internationale Veranstaltung, die ihresgleichen sucht. Sie strahlt eine Faszination auf die gesamte Region aus. Hier ist die Welt zu Gast und die Bewohner der Vulkaneifel feiern das Festival mit Grillfesten entlang der Etappen.“ Er bezeichnete das rollende Rallye-Museum als Kulturgut und lobte besonders die Organisation durch den MSC Daun mit seinen rund 800 ehrenamtlichen Helfern.

Premiere mit Elektro-Power aus der Wüste
Ein absolut technisches Highlight war die Weltpremiere des Audi RS Q e-tron auf den Demonstrationsstrecken. Das Siegerfahrzeug der Dakar 2024 wurde nicht nur in der Rallye-Meile ausgestellt, sondern von Dakar-Königin Jutta Kleinschmidt und ihrer langjährigen Co-Pilotin Fabrizia Pons auch über die kurvenreichen Strecken in der Vulkaneifel pilotiert. Die Fans waren zumindest dort, wo ich war, nicht unbedingt begeistert, erlebten aber einen optischen und weniger einen akustischen Hochgenuss – während der Fahrt wird die Hochvoltbatterie von einem 2,0 TFSI-Rennmotor mit unvergleichlich zurückhaltendem Sound aufgeladen. „Im Vergleich zu den Rallyeautos ist der RS Q e-tron schon eher ein Kreuzfahrtschiff. Eine Premiere, die man nicht verpassen sollte“, versprach Timo Witt von Audi Tradition den Fans. Und die waren geteilter Meinung: „Wenn das die Rallye-Zukunft ist, war’s das für mich“, meinte der eine, während ein anderer begeistert kommentierte: „So wird mir um die Zukunft der Ralleys nicht bange.“

Ergänzt wurde die Audi-Präsenz durch einen originalen Sport quattro S1, den Harald Demuth über die Strecken bewegte. Doch auch andere Hersteller feierten ihre Geschichte: Toyota nutzte das Festival, um den 50. Jahrestag des ersten WRC-Sieges zu würdigen, als 1975 Hannu Mikkola im Toyota Corolla überraschend die 1000 Seen Rallye gewann.

Innovation trifft Tradition
Eine weitere Weltpremiere erlebten die Fans mit dem RSCC Distomo, einem motorsporttauglichen Nachbau der legendären Gruppe S. Rund 40 Jahre nachdem diese Fahrzeugkategorie durch das Verbot der Gruppe B im Keim erstickt wurde, konstruierte die Firma RSCC mit Hilfe von John Wheeler, dem Entwickler des damaligen Ford RS200 Gruppe S Prototypen, ein vollkommen neues Fahrzeug. Benannt nach der legendären Wertungsprüfung der Rallye Akropolis, feierte der Distomo seine Weltpremiere im Servicepark von Daun.

Leidenschaft bis ins Detail
Die Geschichtspflege wird beim Eifel Rallye Festival bis ins kleinste Detail gelebt. Reinhard Klein von Slowly Sideways, verantwortlich für die Zusammensetzung des Starterfeldes, erzählte eine besonders schöne Anekdote: „Dieter Walterscheid hat in jahrelanger Arbeit seine Toyota Celica TA22 von 1974 aufgebaut und letztes Jahr hier erstmals vorgestellt. Dann kam Pedro Ortigao vorbei, der zur damaligen Zeit in Portugal Werksfahrer bei Toyota war. Er meinte nur, das Orange des Fahrzeuges sei doch etwas dunkler als damals. Walterscheid hat die Corolla umlackiert und dieses Jahr in der korrekten Farbe teilgenommen.“

Diese Liebe zum Detail zeigt sich auch in der gegenseitigen Unterstützung der Teams. Als bei Bruno Ianniello und Thomas Fuchs am Lancia Delta S4 ein Getriebeteil brach, fanden sie spontan Hilfe in der Werkstatt von Renault Schäfer in Daun. Sofort wurde eine Hebebühne geräumt, Werkzeug herbeigeschafft und die Werkstatt blieb bis zur erfolgreichen Reparatur geöffnet. So konnten die Fans den Gruppe-B-Boliden, wenn auch mit etwas Verspätung, noch auf der abschließenden Demonstrationsstrecke genießen.

Wirtschaftlicher Erfolg für die Region
Der Erfolg des Festivals spiegelt sich auch in den Kassen der Dauner Geschäfte wider. Reporter Jürgen C. Braun vom Trierischen Volksfreund machte eine aufschlussreiche Erfahrung: In fast allen Geschäften war ob des großen Andrangs kaum Zeit, Fragen zu beantworten. Eine Verkäuferin brachte es auf den Punkt: „Ein bisschen stören uns Ihre Fragen jetzt doch beim Geldverdienen.“ Die friedliche Invasion von mehreren zehntausend Fans sorgt Jahr für Jahr für volle Kassen in der Vulkaneifel.

Nachhaltigkeit im Fokus
Das Festival denkt auch an die Zukunft: Für jedes der 200 teilnehmenden Fahrzeuge wurde ein Baum gepflanzt, um den CO2-Fußabdruck zu kompensieren. „Mit dieser Pflanzaktion zeigen wir, dass Motorsport und Umweltschutz keine Gegensätze sein müssen. Jeder Baum ist ein Schritt in eine nachhaltigere Zukunft“, erklärte Organisationsleiter Otmar Anschütz. Die Stadt Daun unterstützte die Aktion spontan und stellte eine geeignete Fläche zur Verfügung, auf der in den nächsten Jahren ein „MSC-Daun-Wald“ entstehen soll.

Verdiente Ehrung
Anschütz selbst wurde für sein außergewöhnliches ehrenamtliches Engagement mit dem Ehrenteller der Stadt Daun ausgezeichnet. Stadtbürgermeister Friedhelm Mader betonte dabei die Bedeutung des Festivals für die gesamte Region und erwähnte auch das beachtliche Spendenaufkommen der Festival-Familie für die Opfer der Flutkatastrophe. „Persönliche Ehrungen sind normalerweise nicht mein Ding“, so Anschütz bescheiden, „aber irgendwie hat es mich schon gefreut. Es ist aber auch klar, man kann immer nur so gut sein wie das Team, das hinter einem steht.“

Blick nach vorn
Mit dem Motto „The Cars of the Stars“ für 2025 setzte das Festival seine Erfolgsgeschichte fort. Die Auswahl konzentrierte sich auf Fahrzeuge berühmter Rallye-Piloten von Aaltonen bis Zasada, wobei eine möglichst große Vielfalt angestrebt wurde. Der parallel laufende Fotowettbewerb mit 52 Teilnehmern aus sechs Nationen und einem 500-Euro-Gutschein von TAMRON als Hauptpreis unterstreicht die internationale Ausstrahlung der Veranstaltung.

Das 13. ADAC Eifel Rallye Festival hat einmal mehr bewiesen, warum es als das weltweit größte rollende Rallye-Museum gilt. Die perfekte Mischung aus historischen Fahrzeugen, internationalen Stars, technischen Innovationen und der einzigartigen Atmosphäre der Vulkaneifel macht diese Veranstaltung zu einem wahren Kulturgut des Motorsports – und zu einem Fest für alle Sinne, das Rallye-Fans aus aller Welt Jahr für Jahr aufs Neue begeistert.

Ähnliche Beiträge

Ein Kommentar

  1. Hallo Udo,

    ein schöner Bericht mit ebensolchen Fotos. Das macht Lust, das Ganze mal selbst zu erleben.

    Liebe Grüße Marko

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert